Am Schluss gabs eine zweiminütige Standing Ovation für den HC Kriens-Luzern. Eine Szene, die noch vor wenigen Wochen undenkbar schien. Der HC Kriens-Luzern taumelte damals, verlor schon fast unglaubliche Spiele gegen deutlich weniger stark gehandelte Gegner. Und er zog sich mit seriöser, ehrlicher (Trainings-)Arbeit wieder aus dem Dreck. Er grüsst (zumindest vorübergehend) von Rang 3 und hat den Beweis dafür angetreten, dass seine hohen Saisonzielsetzungen nicht überrissen waren. Umso mehr, als im Duell mit dem Meister nicht die Schwäche des Gegners aussschlaggebend war, sondern die Stärke des Gastgebers. Denn in Sachen Absenzenliste standen sich beide Teams in nichts nach. Hüben wie drüben fehlte viel Qualität, war der Platzbedarf auf der Tribüne für die Rekonvaleszenten fast grösser als für die Überzähligen auf der Bank.
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Die Fotos vom Spiel (© Hardy Konzelmann und Benedikt Anderes)
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Die Gastgeber aber nahmen diese Rolle an diesem Abend mit grösserer Demut an: «Egal, wenn viele fehlen. Machen wir das beste draus dem, was wir auf den Platz bringen.» Bei Schaffhausen war spürbar, dass die Batterien nach der langen und kräftezehrenden Champions League-Kampagne leer waren. Oder dass da und dort fürs Cup-Halbfinale am kommenden Mittwoch nicht alles an Kräften investiert wurde.
Der HC Kriens-Luzern machte das, was Klasseteams in dieser Situation mit Vorteil tun: Er nutzte die Gunst der Stunde, begegnete dem hoch favorisierten Gegner auf Augenhöhe und hielt tapfer, clever und geschickt dagegen. Aufbauend auf einer Klassedeckung und einem superstarken Torhüter Paul Bar verhinderten die Zentralschweizer, dass sich die Schaffhauser einen beruhigenden Vorsprung erspielen konnten. Im Gegenteil. Sie ergriffen schon in Halbzeit 1 die Initiative und legten vor. «Schaffen wir easy» war das Signal der Schaffhauser, als sie schon nach wenigen Minuten der Halbzeitpause wieder auf dem Platz standen und lockere Wurfübungen machten.
Doch diese Rechnung hatten sie ohne den Wirt pardon Gastgeber gemacht. Denn der deckte (weiter unterstützt durch Paul Bar, der am Schluss mit 42 Prozent Abwehrquote blendend zu Buche stand und dreimal Sieger blieb in einem Penaltyduell) souverän weiter stark und legte in der Offensive sogar noch an Effizienz zu. Albin Alili wurde zum seriösen Skorer, das Flügelduo Blättler/Vögtli glänzte mit einer starken Quote, und aus dem Rückraum unterstützten Luca Engler (6) und Pete Schramm (3) die Torproduktion, ohne zu viele Fehler zu machen. Unter dem Strich: Effiizient gekämpft. Und seriös gearbeitet in einem Spiel, indem beide Teams nach 5 Minuten wussten: Heute kommt es auf jedes Tor an. Denn da stand es noch immer 0:0...
Bei so viel Zielstrebigkeit, Effizienz und Kampfbereitschaft blieb den Schaffhausern am Schluss nur noch eines: mit Brachialgewalt zu versuchen, den Sieg zu erzwingen. Und nicht einmal den Griff in die tiefe Kiste der Theatralik vermochte die beiden nicht immer wirklich stilsicheren Refs zum Kippen zu bringen: An diesem Abend gehörte der Sieg dem Gastgeber. Weil dieser mehr für den Erfolg tat. Und weil dieser mehr und geschickter kämpfte. Letztendlich aber auch, weil er die Gunst der Stunde zu nutzen wusste, einen Gegner zu bezwingen, der gerade nicht in Topform antrat. Weil er sich ja darauf berufen konnte, dass der eine oder andere klingende Name fehlte...
HC Kriens-Luzern - Kadetten Schaffhausen 26:23 (10:8)
Krauerhalle, 800 Zuschauer. SR Brunner/Salah
Spielverlauf: 0:1 (6.), 1:1, 2:2, 4:3, 5:4, 5:7, 7:7, 7:8, 10:8; 11:9, 13:10, 14:13, 17:14, 20:18, 21:19, 23:20, 24:20, 25:21, 25:23, 26:23.
Strafen: Kriens-Luzern 6x2 Minuten, Schaffhausen 6x2 Minuten inkl. rote Karte Meister (3x2) in der 51.
HC Kriens-Luzern: Bar/Willimann; Fellmann (1), Wipf (1), Blättler (6/2), Engler (6), Vögtli (2), Oertli, Alili (7), Brücker, Gnos, Schramm (3).
Kadetten Schaffhausen: Stefanovic/Marinovic/Kindle; Meister (1), Delhees (2), Pendic (3/2), Zehnder (2), Norouzinezhad (4), Szyba (1), Koch (3), Ostroushko (2), Tominec (5/3). Penalties: Bar hält drei Penalties von Tomienc 28., 10:8, 30., 10:8 und 53. 21:19)
Bemerkungen: Kriens-Luzern ohne Hofstetter, Radovanovic, Ramseier, Nyffenegger, Spengler und Delchiappo. Kadetten ohne Csaszar, Brännberger, Cvjietic, Küttel, Liniger, Markovic, Maros. Penalties: Bar hält Penalties von Tominec (28., 10:8 und 53., 21:19) sowie Pendic (30., 10:8)
J.P. Chenet Best Player: Paul Bar (HCK), Norouzinezhad (Kadetten)